Grundlegende Informationen zum Meerschweinchen
Erfahren Sie hier mehr über das Verhalten und die Bedürfnisse Meerschweinchen.
Abstammung und Herkunft
Meerschweinchen stammen von Wildmeerschweinchen (Cavia aparea) ab, die in den Andenregionen Südamerikas heimisch sind. Sie leben in hochgelegenen Graslandschaften und Buschsteppen, an Waldrändern und in felsigen Gebieten. Das Klima ist trocken-gemäßigt, die Schwankungen der Tagestemperaturen sind groß Wildmeerschweinchen bewohnen Bauen, die von anderen Tieren gegraben wurden, oder nutzen Mulden unter Pflanzen als Deckung und ernähren sich überwiegend von Gräsern, die einen hohen Vitamin C-Gehalt haben.
Hausmeerschweinchen wurden wahrscheinlich schon vor mehr als 3 000 Jahren domestiziert. Ursprünglich wurden sie in erster Linie als Opfertiere und Fleischlieferanten gehalten. In Südamerika werden Meerschweinchen noch heute als Nutztiere gehalten. Diese Meerschweinchen, die Cuys, sind speziell als Fleischrassen gezüchtet. Sie können ein Gewicht von 3 bis 4 kg erreichen und zeichnen sich durch ein besonders schnelles Wachstum aus.
Nach Europa kamen Meerschweinchen im 16. Jahrhundert, wo sie sich bald großer Beliebtheit erfreuten. Die vielen unterschiedlichen Rassen, die wir heute bei Hausmeerschweinchen kennen, sind ein Resultat einer gezielten Rassezucht, die es erst seit etwa 100 Jahren gibt.
Sinnesleistungen
Meerschweinchen nehmen ihre Umwelt grundsätzlich anders wahr als das „Augentier“ Mensch. Bei Meerschweinchen sind es in erster Linie der Gehör-, Geruchs- und Tastsinn, der den Tieren einen Eindruck von ihrem Lebensraum vermittelt. Zusätzlich zur empfindlichen Nase und Ohren spielen bei Meerschweinchen die Tasthaare im Kopfbereich eine wichtige Rolle bei der Orientierung. Die seitlich gelegenen Augen ermöglichen ein großes Gesichtsfeld. Kleinste Bewegungen werden wahrgenommen.
- Tastsinn: Die empfindlichen Tasthaare im Kopfbereich helfen Meerschweinchen bei der Orientierung – auch im Finstern. Mit ihrer Hilfe finden sich auch blinde Meerschweinchen im gewohnten Lebensraum problemlos zurecht.
- Gehörsinn: Meerschweinchen haben einen sehr feinen Gehörsinn. Sie können Frequenzen bis zu 33 kHz wahrnehmen. Sie hören also noch Töne oder Geräusche in einem Frequenzbereich, den der Mensch nicht mehr wahrnehmen kann.
- Geruchssinn: Auch ihr Geruchssinn und Geschmackssinn sind sehr gut ausgeprägt. Als Pflanzenfresser haben Meerschweinchen sehr viele Geschmackssinneszellen, die es ihnen ermöglichen, genießbare Pflanzen von bitteren, giftigen zu unterscheiden. Der Geruchssinn ist etwas 1000-mal empfindlicher als der Geruchssinn des Menschen. Mit Hilfe des Geruchssinns erkennen Meerschweinchen andere Tiere und auch den Halter und die Gruppenzusammengehörigkeit. Darüber hinaus spielt der Geruchssinn auch bei der innerartlichen Kommunikation eine große Rolle.
- Sehsinn: Mithilfe des Sehsinns können Meerschweinchen kleinste Bewegungen wahrnehmen. Sie haben durch die seitlich gelegenen Augen ein sehr großes Gesichtsfeld, sodass die Bewegungen nahender Feinde möglichst frühzeitig wahrgenommen werden können. Im Gegensatz zum Menschen verfügen Meerschweinchen über eine geringere Sehschärfe und ein schlechteres räumliches Sehvermögen.
Sozialverhalten
Meerschweinchen sind soziale Tiere, die im Sinne einer möglichst tiergerechten Haltung in Kleingruppen gehalten werden sollten. Wildmeerschweinchen leben in dauerhaften Paaren oder Haremsgruppen mit einem Bock und bis zu vier Weibchen mit ihren Jungtieren. Einzelhaltung von Meerschweinchen ist Tierquälerei! Auch für Hausmeerschweinchen gilt, dass die Haltung von einem kastrierten (!) Bock gemeinsam mit zwei bis vier Weibchen eine ideale Gruppenzusammenstellung darstellt. Wenn man nur zwei Meerschweinchen halten kann, fällt die Wahl idealerweise auf einen Kastraten und ein Weibchen. Besonders harmonisch sind diese Paare, wenn beide Tiere ähnlich im Alter sind.
Die Kastration ist deshalb unbedingt notwendig, weil es sonst zu einer starken Vermehrung innerhalb der Gruppe kommt. Die Baby-Meerschweinchen wachsen schnell zu ausgewachsenen Tieren heran, die versorgt oder in einem neuen Zuhause untergebracht werden müssen. Es ist keine leichte Aufgabe, junge Meerschweinchen verantwortungsvoll zu vermitteln (besonders die jungen Böcke) und leider wartet schon eine große Anzahl an Meerschweinchen in Tierheimen und privaten Notstationen, sodass von einer planlosen Vermehrung immer Abstand zu nehmen ist!
Neben diesen gemischtgeschlechtlichen Gruppen ist auch die Haltung von gleichgeschlechtlichen Gruppen möglich. Weibchengruppen sind im Allgemeinen unproblematisch, profitieren aber praktisch immer von der Gesellschaft eines Kastraten, der für mehr Ruhe in der Gruppe sorgt.
Bei Bockgruppen funktionieren Zweiergruppen im Allgemeinen am besten. Die Böcke müssen in dieser Haltungsform nicht kastriert sein, obwohl eine rechtzeitige Kastration auch Streit vorbeugen bzw. deeskalieren kann. Es gibt auch einige positive Erfahrungsberichte von Frühkastraten in der reinen Bockhaltung. Die Bockhaltung braucht mehr Platz als die Haltung einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe oder einer Weibchengruppe.
Im Allgemeinen sind nur geradzahlige Gruppen über einen längeren Zeitraum stabil, wobei es schon bei Vierergruppen leicht passiert, dass sie in zwei Zweiergruppen zerfallen. Die reine Bockhaltung ist nicht unbedingt für AnfängerInnen geeignet, weil man in der Lage sein muss, zu erkennen, wann ein Eingreifen im Streitfall notwendig ist – und wann man abwarten muss, weil die Böcke sich gerade die Rangordnung ausmachen. Normalerweise wird empfohlen, dass die Böcke zumindest einige Monate Altersunterschied aufweisen. Sollte von zwei Böcken einer sterben, wird immer ein möglichst junger Babybock dazu geholt. Die Vergesellschaftungen von erwachsenen Böcken ist meistens sehr schwierig. Tabu ist bei der Bockhaltung der Kontakt zu Weibchen. Auch die Haltung von mehreren Böcken mit Weibchen ist ein schwieriges Thema und häufig nicht von Erfolg gekrönt.
Vergesellschaftungen können bei Meerschweinchen ein schwieriges Thema sein, wenn erwachsene Tiere vergesellschaftet werden sollen. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass die Tiere den ersten Kontakt auf neutralem Boden haben – nicht etwa im gewohnten Gehege. Auch Meerschweinchen zeigen ein gewisses Maß an Territorialität und neigen dazu, unbekannte Tiere aus ihrem Revier zu vertreiben. Als Halter sollte man sich während einer Vergesellschaftung nicht zu viel einmischen, weil sich die Tiere eine neue Rangordnung innerhalb der Gruppe ausmachen müssen. Vergesellschaftungen gehen nicht leise und friedlich über die Bühne und brauchen auch einige Stunden bis Tage (je nach Gruppenzusammensetzung). Man sollte immer beachten, dass das Hinzufügen oder das Wegnehmen einzelner Tiere aus einer Gruppe dazu führt, dass die Rangordnung neu geregelt werden muss.
Erwachsene Meerschweinchen halten immer ihre Individualdistanz zu anderen Mitgliedern der Gruppe ein. Es ist daher für ein stressfreies Zusammenleben sehr wichtig, dass die Grundfläche des Geheges der Gruppengröße angepasst ist, damit es nicht zu laufenden Verletzungen des persönlichen Raumes der einzelnen Tiere kommt. Wird die Individualdistanz unterschritten, werden Drohgesten gezeigt oder das zu aufdringliche Tier wird vertrieben.
Ruheverhalten
Meerschweinchen ruhen viele Stunden am Tag. Häufig sind dabei die Augen nicht ganz geschlossen. Typisch sind wechselnden Ruhe- und Aktivitätsphasen während des Tages und in der Nacht. Besonders unternehmungslustig sind Meerschweinchen im Allgemeinen morgens und abends, sodass die Zeit des täglichen Freilaufs idealerweise in diese Zeit fällt.
Nahrungsaufnahme
Meerschweinchen fressen eigentlich fast immer, wenn sie wach sind, sei es tagsüber oder in der Nacht. Sie nehmen dabei eine Vielzahl von kleinen Nahrungsportionen auf, was wichtig für die Funktion ihres empfindlichen Verdauungssystems ist. Das Grundnahrungsmittel des Meerschweinchens, das ständig zur Verfügung stehen muss, ist Heu. Dieses ballaststoffreiche und nährstoffarme Futtermittel ist die Grundvoraussetzung für eine funktionierende Verdauung und den notwendigen Zahnabrieb, denn alle Zähne der Meerschweinchen wachsen lebenslang.
Neben Heu brauchen Meerschweinchen Saftfutter, um ihren Vitamin- und Mineralstoffbedarf zu decken. Als Saftfutter sind verschiedenste Gemüsesorten, wie Salatgurken, Karotten, verschiedene Salate, Fenchel, Paprika, und Grünfutter von der Wiese geeignet. Daneben kann man auch Obst und Kräuter in kleinen Mengen anbieten. Obst sollte wegen seines hohen Zuckergehaltes und Kräuter wegen des hohen Gehaltes an Mineralstoffen, besonders Calcium, aber nicht zu oft verfüttert werden.
Meerschweinchen reagieren sehr empfindlich auf Futterumstellungen. Daher sind neue Futtermittel immer langsam einzuführen. Das gilt auch für das frische Grünfutter im Frühling, das leicht zu Verdauungsstörungen wie Durchfall oder Blähungen führt, wenn es zu schnell in zu großer Menge angeboten wird.
Kraftfutter, als Körnermischfutter oder pelletiert, und hartes Brot gehören eigentlich nicht auf den Speisezettel des Meerschweinchens, da sie zu nährstoffreich sind und zu Verdauungsstörungen, Übergewicht und mangelhaftem Zahnabrieb führen können. Soll dennoch Kraftfutter verfüttert werden, bitte immer nur in kleinen Mengen!
Quelle: Dr.in Marion Reich, www.meerschweinchenberatung.at